– Ungewisser Start mit Corona im Gepäck

Wenn ich auf die bisherige Zeit der Coronapandemie blicke, dann sehe ich in unserer Gesellschaft Gefühlslagen, die kaum unterschiedlicher sein könnten: Optimismus vs. Pessimismus, Aufbrüche vs. Resignation, gemeinsame Stärke vs. Einsamkeit. Unsicherheit ist dabei das grundlegende Gefühl. Nun starten speziell Schüler und Studenten mit Ungewissheit in ein neues Schuljahr bzw. Semester. Der Blick in den Herbst ist tatsächlich, wie ein Blick in den Nebel. Keiner weiß so wirklich, was einen erwartet.

Nur zu gut kann ich Familien verstehen, die in dieser Situation Angst verspüren. Besonders arbeitende Eltern, die nun schon seit Februar mehrere Bälle gleichzeitig jonglieren müssen. Oft wird von zu Hause gearbeitet, wo nun auch die Kinder zu unterrichten sind, das Haus ist spürbar enger geworden. Und bei manchen ist zusätzlich die wirtschaftliche Perspektive ungewiss geworden.

Während Politiker nun darum bemüht sind, Eltern zu signalisieren, dass sie alles im Griff haben, dürfen Christen darauf vertrauen, dass Gott selbst in den schwierigen Zeiten Gutes bewirken möchte und die Dinge tatsächlich in der Hand hat. Wenn dies tatsächlich so ist, dann mögen wir vielleicht auch in diese neblige Zukunft gehen, aber der Nebel wird uns keine Sorge bereiten. Christen dürfen mit Perspektive durch ungewisse Zeiten gehen. Dies möchte ich für Schüler, Studenten, Lehrer, Eltern und für all diejenigen, die gar nichts mehr mit dem Bildungswesen zu tun haben, zu vier konkreten Einladungen herunterbrechen:

 

1.) Nehme die Ungewissheit positiv an

Wenn unser aller Erfahrung in diesem Jahr Unsicherheit ist, sollte Geduld zu unserer größten Tugend werden. Glaube wird in der Ungewissheit gesät. Abrahams Lebensgeschichte ist wohl die eindrücklichste, wenn es um das Warten auf Gott in unsicheren Umständen geht. Während wir uns vielleicht mit der fehlenden Perspektive für die nächsten 2-5 Monate schwertun, musste Abraham 25 Jahre auf Gottes deutliches Wirken in einer ungewissen Zeit warten. Er hielt fest an Gott und erfuhr dadurch Segen. Er lernte geduldig auf Gottes Eingreifen zu warten. In Ungewissheit offenbart sich worauf wir unsere Hoffnung setzen. So auch in dieser Pandemie: es fordert ein Warten in unsicheren Zeiten. Wir dürfen diese Zeit als Chance annehmen, um das Hoffen und Vertrauen auf den Herrn zu lernen. Wir dürfen unseren Kindern beibringen: „Auch wenn das Leben und die Lebensumstände nicht gut sind, Gott ist immer noch gut! Auch wenn wir vielleicht gerade Gottes Wirken nicht sehen können, ist Er für uns.“ Diese positive Haltung macht einen gewaltigen Unterschied für unser eigenes Erleben und für die Menschen in unserem Umfeld. Probiere es einmal aus!

2.) Nehme den neuen Stundenplan an

Corona hat definitiv unser Erleben von unserem Zuhause verändert. Es ist auf einmal enger geworden, gerade bei Familien. Es gibt kaum noch Orte des Rückzugs oder der Ruhe. Mit den neuen (chaotischen) Stundenplänen ist Routine in Familien ein Fremdwort geworden. Dafür hat sich ein ganz neues Fach in unserem Stundenplan eingeschlichen: „Familie leben“. Eltern müssen auf einmal die Rolle des Erdkunde und Englisch Lehrers einnehmen. Kinder verbringen nun viel mehr Zeit zu Hause und wenn der Herbst näher kommt, werden sie diese Zeit auch wieder viel mehr innerhalb des Hauses verbringen. Ohne Gott ist Familie einer der herausforderndsten und zerbrechlichsten Orte der Welt! Mit Gott ist selbst Familie möglich. Mit Gott können wir diesen neuen Stundenplan annehmen und gar als Chance sehen, als Familien, als Papa, als Mama zu wachsen. Auch hier ergibt sich eine Chance: durch das neue Leben in der Pandemie eröffnen sich viel mehr Möglichkeiten für gemeinsame Wachsen, Beten, Bibellesen und einfach Familie sein. Vielleicht können wir 5. Mose 6,6-7 ganz neu einüben: „Bewahrt [Gottes] Worte im Herzen, … Prägt sie euren Kindern ein! Redet immer und überall davon, ob ihr zu Hause oder unterwegs seid, ob ihr euch schlafen legt oder aufsteht.“ Familie in dieser Zeit zu leben, kann herausfordernd sein, aber diese neue Nähe eröffnet neue Möglichkeiten zusammen mit den Kindern Gott kennenzulernen.

 

 

3.) Nehme Gemeindefamilie als Hilfe an

Da ich ein relativ komplizierter Schüler war, haben es meine Eltern relativ früh aufgegeben, mir etwas in Englisch oder Latein beizubringen. Sie haben ihre eigenen Kompetenz- und vor Allem auch Kraftgrenzen erkannt und mir externe Nachhilfe ermöglicht, die weniger Probleme mit diesen Grenzen hatte. Für meine Eltern war dies eine segensreiche Entlastung, für mein Lernen ein wirklicher Gewinn. Die Pandemie führt Familien an ganz neue Grenzen. Zeit, Ruhe, Kraft wird gerade in größeren Familien ein sehr rares Gut. Kinder bringen ihre Eltern an ihre Grenzen und umgekehrt. Wir sollten mit diesen Grenzen weise und ganz realistisch umgehen. Es ist eine gute Nachricht, dass Gott schon immer ein größeres Bild von Familie hatte, als Vater-Mutter-Kind. Er sieht auch die Unverheirateten und Kinderlosen in seinem Haushalt als aktive Familienmitglieder. Sie tragen den Titel Familie Gottes (1Tim 3,15). Wenn Corona Familien bzw. Eltern an ihre Grenzen und Limits führt, müssen wir in der Gemeinde dieser Herausforderung Raum geben und Eltern, wie Schüler hier auffangen. Und umgekehrt darf ich als Eltern um meine Grenzen wissen, sie formulieren und in Gottes größerer Familie Entlastung finden. Für dieses Schuljahr und Semester zählt die Einladung, dass wir kreative Wege finden diese große Familie Gottes zu leben.

4.) Nehme deine Nachbarn wahr

Vielleicht fordert Dich die Situation der Pandemie überhaupt nicht heraus, weil Du überhaupt keine Kinder hast, Du alles trotzdem gut geregelt bekommst oder schlichtweg nicht davon betroffen bist. Sei Dir sicher in einen deiner Nachbarhäuser sieht es ganz anders aus. Gerade in dieser ungewissen Zeit dürfen wir Christen unsere Nachbarn wahrnehmen und das Gebot „Liebe deinen Nächsten“ auf die Hausnummern neben uns anwenden. Dort lebt vielleicht die überforderte alleinerziehende Mutter, die Großfamilie, die gut mal einen Aushilfs-Chauffeur bräuchten, der nun finanziell-herausgeforderte Student, der sich über Unterstützung freut,…. Wie kannst Du sie lieben? Wie kannst Du helfen und entlasten? Lass dabei Jesus deine Motivation sein. Er hat viel auf sich genommen, um Dich zu lieben. Er lebt bei Dir jeden Tag. Gib diese Liebe kreativ und fürsorglich weiter.

Dieser Herbst, dieser Schul- und Semesterstart ist sicherlich herausfordernd für uns als Gesellschaft. Wir können noch nicht erahnen, was auf uns zukommen wird. Aber wir können das Leben in dieser Ungewissheit proaktiv gestalten. Lasst uns an dem Gott zuversichtlich festhalten, der in die Ungewissheit hineingesprochen hat: „Sei still und wisse, ich bin Gott!“

 

 

 

Daniel Pfeifer

Gemeindereferent