500 Jahre Täuferbewegung
Ein Same der Religionsfreiheit
Freikirchen sind (leider) nicht dafür bekannt, dass sie sich groß mit der Kirchengeschichte auseinander setzen. Manchmal glaubt man gar, der ‚rechtschaffene Glaube‘ sei erst mit uns vom Himmel gefallen. Dem ist nicht so! Das Jahr 2025 mag Dir dabei helfen, Gottes Handschrift und Segen durch die Jahrhunderte hindurch wieder zu entdecken und Ihn darin zu feiern. Eine solche Entdeckungsreise muss nichts Verstaubtes, gar zu Akademisches sein. Unser Gott schreibt seit 2000 Jahre eine wundervolle Geschichte mit seinen Kindern. Ich lade Dich mit diesem etwas anderen Impuls ein, sie in 2025 neu zu entdecken. Dabei geht es nicht um Namen und Zahlen. Begeistern werden Dich die Lebensgeschichten.
Doch warum ausgerechnet in diesem Jahr? 1700 Jahre apostolisches Glaubensbekenntnis von Nizäa (hierzu unsere Predigtreihe), 500 Jahre Reformation im Nürnberger Land (welche wir zum Reformationstag in Blick nehmen) und 500 Jahre Täuferbewegung. Als ChristusForum Gemeinde stehen wir in dieser Tradition, gemeinsam mit Baptisten und anderen. Vor 500 Jahren nahm unsere Bewegung ihren Lauf und sie bewegt bis heute.
Die Reformation weiter denken
Die Täuferbewegung begann am 21. Januar 1525. Schnee fiel auf die engen Gassen Zürichs und eine Gruppe junger Reformatoren drängte sich im Haus von Felix Manz zusammen. Draußen herrschte eisige Kälte, doch der Raum war erfüllt von inbrünstigem Gebet und intensiven Diskussionen. Es war eine verbotene Versammlung. Der Zürcher Stadtrat hatte diesen Männern untersagt, sich zum Bibelstudium zu treffen. Doch die Saat der Religionsfreiheit war bereits gesät. Am Ende des Abends war die Täuferbewegung geboren. Wenige Tage zuvor hatte ihr ehemaliger Lehrer und einflussreicher Reformator, Huldrych Zwingli, seine Studenten öffentlich mit der Frage der Kindertaufe konfrontiert. Zwinglis Wort hatte im Stadtrat Gewicht. Die Stadt unterstützte seine reformatorischen Ansätze in der Kirche. Die drei Leiter der geheimen Versammlung – Manz, Grebel und Blaurock – hatten in der Konfrontation mit Zwingli überzeugend für die Glaubenstaufe argumentiert. Aber das Konzil hatte Zwingli zum Sieger erklärt und seine Gegner aufgefordert, sich aufzulösen. Hinzu kam der Erlass, dass alle ungetauften Säuglinge nun gesetzlich verpflichtet waren, sich taufen zu lassen. Abläufe, die wir uns heute nicht vorstellen können.
Grebel, der eine kleine Tochter hatte, lehnte es ab, dass Konzile Autorität über Christen und den Glauben seiner Tochter haben sollten. Ironischerweise war es Zwingli selbst, der ihn dozierte, die Kirche streng nach der Bibel zu reformieren. Grebel und den an deren eifrigen Studenten fiel zu nehmend auf, dass ihr Lehrer vor gesellschaftlichem Druck kapitulierte. Ende 1524 fühlten sich Zwinglis Schüler von dem Mann verraten, der sie gelehrt hatte, keine Kompromisse einzugehen, wenn die Heilige Schrift eindeutig war. In ihren Augen war die Reformation nicht konsequent genug.
Eine epochale Entscheidung
Ein Augenzeuge des historischen Treffens berichtete: „Es begab sich, dass … eine Beunruhigung über sie kam. Ja, sie waren stark in ihren Herzen bedrückt. Daraufhin beugten sie ihre Knie vor dem Allerhöchsten Gott im Himmel und riefen Ihn als den Kenner der Herzen an.“ Danach fassten sie die wegweisende und epochale Entscheidung, die Glaubenstaufe zu praktizieren. Etwas unbeholfen, da sie nur die Kindestaufe kannten. Grebel schöpfte eine Handvoll Wasser und taufte seinen Freund Blaurock. Blaurock taufte seinerseits Grebel, Manz und die anderen Männer im Haus. Ein radikaler Schritt. Der Startpunkt der Täuferbewegung. Sie lösten rasch eine kleine Erweckung aus, trotz gewaltiger Verfolgung. Der mutige Schritt bedeutete nicht nur geistlichen Aufbruch, sondern auch großes Leid.
Das Vermächtnis
Im Vergleich zu anderen Traditionen der Reformationszeit haben die Täufer anfänglich nicht viele berühmte Theologen hervorgebracht. Der Hauptgrund dafür war, dass sie nicht lange lebten. Ein Jahr nach dem bedeutenden Abend starb Grebel an der Pest. Manz wurde 1527 ertränkt und wurde so zum ersten Märtyrer der Täufer. Blaurock wurde 1529 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Erst kurz nach ihnen entstanden mehr Täuferschriften, die gegen die Kindertaufe und für Religionsfreiheit sowie Pazifismus argumentierten. Ihren Verfassern wurden diese oft zum Verhängnis. Balthasar Hübmaier ist nur ein Beispiel: Er wurde für seine Schriften gefoltert und auf einem öffentlichen Platz verbrannt. Seine Frau wurde ertränkt. Historiker vermuten, dass im 16. Jahrhundert mehr Anhänger der Täuferbewegung durch die Hand von Mitchristen gemartert wurden als Christen in den ersten drei Jahrhunderten von den Römern. Am 500. Jubiläum des nächtlichen Treffens von Manz, Grebel und Blaurock in Zürich ist das vielleicht größte Vermächtnis der Täufer ihr Engagement für eine frühe Form der Religionsfreiheit – eine Idee, die von den großen Reformatoren nicht gewürdigt wurde. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beschreibt die Relevanz und Auswirkungen der täuferischen Ideale treffend: „Jeder soll nach seinem Glauben leben können und dürfen – ohne Angst, aber auch ohne Machtanspruch. Dass dieses Verständnis von Religionsfreiheit heute Grundlage unseres Zusammenlebens ist, dazu hat auch die täuferische Tradition beigetragen mit ihrem Beharren auf der Freiheit des Einzelnen, der Begrenzung staatlicher Macht in Glaubensfragen und der Ablehnung von Gewalt.“
Ich mache Dir Mut, Dich mit unserer Bewegung auseinanderzusetzen. Auch kritisch! Denn von manchem müssen wir uns distanzieren und sollten daraus lernen. Doch ich glaube, jeder westliche Christ verdankt dieser kleinen Gruppe an Männern etwas. In der verschneiten Nacht von Zürich im Jahr 1525 traten sie dafür ein, dass eine Kirche dem Wort Gottes und nicht der Weisheit der Menschen unterworfen sein sollte. Diese Bewegung hielt etwas Entscheidendes aus dem Evangelium hoch, das drohte unterzugehen.