In unserem Urlaub im Mai bereisten wir Oslo. Der Besuch des Holmenkollen gehörte für mich zu den Highlights. Eine S-Bahn brachte uns aus dem Stadtzentrum hin zu der berühmten Skisprungschanze Norwegens. Etwa 40 Minuten dauerte die atemberaubende Fahrt aus dem Fjord heraus hinauf ins Gebirge. Mit uns stieg eine junge deutsche Familie ein und saß die Fahrt direkt gegenüber von uns. Schnell wurde klar, die zwei Kleinkinder hatten wenig Interesse daran, dass ihre Erziehungsberechtigten von ihrem Alltag jetzt im Urlaub entspannen können. Die Sitzbank wurde zum Trampolin erklärt. – „Ich sagte: NICHT!“. Die eine Schwester zog der anderen an den Haaren. – „Hörst Du auf!“. Die Schokolade wurde auf der hellen Hose des Papas verteilt. – „MENSCH! Die habe ich vorhin frisch angezogen!“.

Die Erwartungen an den jeweils anderen Erziehungsberechtigten waren durchaus verschieden. Die Augen der Mutter verrieten Tränen in den vergangenen Stunden. Sie hat sich wohl etwas Entlastung mit den Kindern während der Urlaubstage erhofft. Der Vater war zutiefst entnervt von der Gesamtsituation. Er wollte wahrscheinlich nach harten Wochen in der Arbeit, einfach nur mal seine Ruhe haben. An der Station Holmenkollen lagen bei der vierköpfigen Familie die Nerven blank. Abgekämpft, obwohl sie aus einer der schönsten S-Bahn-Strecken dieser Welt ausstiegen.

Bedürfnis nach Ruhe

Diese Familie ist sicherlich nicht die Ausnahme. Einige sind am Abreisetag ihres Urlaubs erschöpfter als am Anreisetag. Auf der Suche nach dem perfekten Urlaub landet man häufig nicht bei Ruhe und Erholung, sondern in einer Reihe an Katastrophen, im bekannten Urlaubs Stress oder im Ehe- bzw. Familienstreit. Dabei ist unser Bedürfnis nach Ruhe echt und dringend. In unserem Alltag versinken wir in den Tiefen des Lebens. Unter den Wellen von Erfolgsdruck, Alltagsstress, Termindruck, Unvorhergesehenheiten, Enttäuschungen, Überforderungen und Familienchaos kämpfen wir uns durch die Wochen und sehnen uns nach Erleichterung. Der Urlaub soll dann die ersehnte Ruhe und Pause sein. Dein Bedürfnis nach Ruhe hat seinen Ursprung allerdings nicht in deinem Alltag, sondern es ist in der Schöpfung angelegt: „Gott vollendete am siebten Tag sein Werk, das Er gemacht hatte; und Er ruhte am siebten Tag von all seinem Werk, das Er gemacht hatte.“ (1Mo 2,2). Wir brauchen Ruhe. Gott macht dies in der Schöpfung nicht nur durch den Ruhetag deutlich, sondern auch durch Tag- und Nachtzeiten. Doch allzu oft verwechseln wir diese göttliche Ruhe, die unsere Seele braucht, mit Freizeit und Ferien. Die Lösung auf ein rastloses Leben sind kein durchgeplanter Urlaub, Wanderungen zu fotogenen Landschaften, ExtremCouching oder der vierte Cocktail zum All-You-Can-Eat-Buffet.

Erholsame Anbetung

Dass die ersehnten Ferien enttäuschen und uns am Ende doch nach Luft ringen lassen, sollte uns nicht überraschen. Die göttliche Ruhe ist nicht der bloße Ausstieg aus dem Alltag, sondern Ankommen beim Allmächtigen. Es ist Anbetung (3Mo 23,1-3). Göttliche Ruhe erfordert nicht nur eine Pause von der Arbeit, sondern auch die aktive Freude an Gott. Er hat uns Eis am Stiel, Sonnenuntergänge und Ausflüge zum Holmenkollen (oder andere Berge) geschenkt. Wenn wir jedoch einfach nur diesen Segnungen hinterherjagen, ohne unseren Verstand und unser Herz auf ihren Schöpfer zu richten, ist es so, als wollten wir den Wind in unserem Urlaub einfangen (Pred 2,11). Die tägliche Gemeinschaft mit dem allwissenden und liebenden Gott – auch im Urlaub – schenkt uns in seinem Sohn den Zugang zur ultimativen Erquickung: „Kommt zu mir, ihr alle, die ihr euch plagt und von eurer Last fast erdrückt werdet; ich werde sie euch abnehmen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig. So werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.“ (Mt 11,28-29).

In Christus findest du tiefe, durchdringende Ruhe, die kein Aufenthalt in irgendeinem Urlaubsort jemals erreicht. Eine Ruhe, die keine Katastrophe, kein Umstand, kein Kind, kein schlechtes Wetter, kein langer Stau, … dir rauben können. Im Gegenteil, diese Ruhe färbt ab. Während wir uns durch das Leben kämpfen und abmühen, oder gerade im Urlaub mit dem Kind oder dem Ehepartner streiten bzw. entspannen, lasst uns zuerst Ruhe finden in und vor Gott. Lasst seinen Frieden unser Denken erfüllen. Wenn das Leben gerade eine Katastrophe ist – und wir vielleicht von ruhigen Stränden und erfrischenden Bächen träumen –, lasst uns zuerst nach Ihm verlangen. Lasst uns Ihn vom größten Berg bis zum weitesten Ozean suchen, in der S-Bahn, im Stau oder am Strand und seine Ruhe in Christus erfahren. Einen erquickenden Sommer wünscht dir

Daniel Pfeifer ⁄⁄ Gemeindereferent